Living Moments - N°4 Edition 2017
129 Christoffer Bohlig kauft die ein Jahr alten Setzlinge in Irland. ImMärz und April bringt er sie dann ins Meer vor List. 24 Mo- nate lang hegt und pflegt er sie dort – in sogenannten Poches – das sind wasser-, licht- und nähstoffdurchlässige Netzsäcke, die auf Eisengestellen liegen, die dann bei Flut vom nähr- stoffreichen Wasser der Nordsee durchspült werden. Diese sogenannte »Tischkultur« ist aber betreuungsintensiv: Zu- sammen mit seinen Mitarbeitern muss der Betriebsleiter der Dittmeyer’s Austern-Compagnie die Poches regelmäßig von Seetang und Algenbewuchs befreien. Nur so bekommen die Schalentiere genug Sauerstoff und Nährstoffe. Damit die Mu- scheln nicht zusammenwachsen,müssen die 15 Kilo schweren Taschen auch immer wieder von Hand gewendet, gerüttelt und möglichst oft bewegt werden. Bei Wind undWetter eine echte Knochenarbeit! Bis zu vier Stunden verbringen die Aus- ternzüchter bei günstiger Tide täglich im Watt. Zwei bis drei Millionen Schalentiere wollen schließlich betreut werden. Im Winter müssen sie dann aus dem Wasser geholt werden. Dann landen sie in einem der 16 Becken mit sprudelndem Seewasser und einem schützenden Dach darüber. »Es ist nicht die Kälte. Die macht den Austern nicht so viel aus!«, er- klärt Christoffer Bohlig. »Aber wenn es friert, rollt das Eis wie eine Walze über die Austernbänke und zerstört alles!« Aller- dings wachsen die Schalentiere nur draußen. Es gilt also, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, um sie so spät wie möglich erst nach drinnen zu bringen. Hier bleiben sie bis März und werden dann erst wieder in die »Kinderstube« im Watt ge- bracht. Bei der Ernte wiegt die Sylter Royal etwa 70 bis 90 Gramm. Dann wässert sie noch 24 Stunden in den Seewasser-Becken und wird anschließend auf Reet gebettet und in Spanholz- kästchen zu 12, 15 oder 50 Stück verpackt und ausgeliefert. Ein großer Teil bleibt gleich auf der Insel. Sylter und ihre Gäste lieben das Nobelprodukt aus dem Meer. Die Sterneköche wie Johannes King vom Söl’ring Hof oder Jörg Bodendorf vom Landhaus Stricker wissen, was sie aus der »Fines de claires« zaubern können. Aber meistens wird sie pur, höchstens noch mit einem Spritzer Zitronensaft erfrischt, serviert. Erst bevor sie auf dem Teller landet, öffnet man ihre Schalen. Geschlos- sen und gekühlt bis maximal zehn Grad hält sie sieben bis neun Tage. So lange bleibt das Meerwasser noch in der Mu- schel. Wird sie geöffnet, läuft es aus und sie verdirbt sehr schnell. Superfrisch verspeist man sie am besten gleich in der Sylter Royal Austernstube, dem Bistro, das zu Dittmeyer’s Austern- Compagnie gehört. Bei schönem Wetter sind die blau-weiß- gestreiften Strandkörbe, die vor dem Restaurant stehen, schnell gefüllt. Auf den Tischen davor die mit den begehrten Schalentiere gefüllten Teller. Christoffer Bohlig empfiehlt: »Kauen Sie jede Sylter Royal mindestens zehnmal, so kommt der Geschmack erst richtig zur Geltung. Sie ist schließlich die Muttermilch der Natur!« Dazu ein Glas Champagner – und schon ist die Welt rosarot in Luxuslaune. Da vergisst man gern mal, dass das Geschäft mit den Austern ein hartes ist. Interessierten zeigt der Austernchef bei Anfrage sein Arbeits- feld und geht mit ihnen ins Watt. Die obligatorischen Gum- mistiefel hat er in verschiedenen Größen schon in petto ste- hen. Und dann hört man nur noch »Sabsch«, »Sabsch«, wenn er mit seinen Gästen in der Nordsee vor List verschwindet. Adresse: Dittmeyer's Austern-Compagnie Hafenstraße 10-12 D-25980 List auf Sylt Phone: + 49 (0) 46 51 87 08 60 Fortsetzung Continues www.private-residences.net
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